Dieter Begemann: "Das Klischee lauert Überall"

Dieter Begemann: „Das Klischee lauert überall“
Weserkurier vom Sonntag, 25 Mai 2008
Zu der Ausstellung „Familienglück“ im Pavillon des Gerhard-Marcks-Hauses, Bremen

Reinhard Osiander nutzt den Pavillon des Gerhard-Marcks Hauses als Bühne für die Inszenierung eines Familienstückes. Er befasst sich intensiv mit den heutigen Möglichkeiten der figürlichen Darstellung. Dabei gilt es, ein weites Spannungsfeld auszuloten, welches auszumachen ist vor allem im Verhältnis von individuellem Portrait und dem allgemeinen Bildnis sowie, noch grundsätzlicher, zwischen dem Interesse an der Wiedergabe der menschlichen Gestalt und den formalen Anforderungen, die an eine Skulptur gestellt werden müssen.

Die Aufgabe, die Osiander sich für den Pavillon gestellt hat, ist anspruchsvoll, geht es doch um nicht weniger als die dreidimensionale Wiedergabe einer ganzen Figurengruppe – wobei natürlich die Beziehungen untereinander in den Blick kommen müssen – und die Verortung des Ganzen in einer räumlichen Szenerie.

Die Gruppe ist so banal, so allgegenwärtig wie auch schwierig (im Leben und in der Darstellung): Papa, Mama, zwei Kinder und, nicht zu vergessen, der Hund. Das Klischee lauert in jedem Winkel, wie sie sich da auf dem Sonntagsausflug so aufgebaut haben zum Schnappschuss, der das Glück, das ach so flüchtige, für das Album ein für allemal festhalten soll.

Der Künstler hat eine solche Fotografie wie sie jeder aus dem eigenen Leben kennt, rückübersetzt ins Dreidimensionale. Statt aber zum illusionistischen Realismus zu greifen, läßt er sehr deutlich neben dem eigentlichen Sujet das Material selbst sprechen. Das aber ist Holz, sehr massiv, um nicht zu sagen derbe. Zu weicheren Rundungen sind lediglich die Gesichter herausgearbeitet, die Körper stecken noch blockartig im Holz.

Fast haben sie etwas von Spielzeugfiguren, die aus Bauklötzen aufgeschichtet sind. Der (selbst auferlegte) Zwang zum Glück, man kann ihn fast greifen… die formale Durchführung unterstützt das: zwar bilden die Figuren starke Vertikalen, diese werden aber durch die tiefen fast ausschließlich waagerechten Einschnitte der Kettensäge konterkariert.

Eine farbige Fassung setzt der Künstler zur zusätzlichen Oberflächengestaltung ein. Er tut das aber sehr sparsam, Bemalung und Form sind verschränkt, wenn farblich herausgehobene Muster der Kleidung gleichzeitig auch plastisch differenziert werden.Während der Ausstellung verlegt Osiander durch gezielte Eingriffe die Lokalisierung der Szene vom Außenraum in ein Interieur.